top of page

Warum ich tue, was ich tue -

  • Ch. Gathof
  • 15. Juni
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 25. Juni

und warum ich weiß, wovon ich spreche.


Ein Weg mit Steinen, im Vordergrund ein Steinturm in Balance als Verdeutlichung der "Steinen des Lebens".

Eine sehr persönliche Geschichte über Verlust, Verantwortung und die Kraft, nicht zu zerbrechen.


Es ist schwer, Worte zu finden für das, was so tief sitzt, dass es eigentlich still ist.

Aber manchmal ist es wichtig, leise Dinge hörbar zu machen – für andere.

Und für sich selbst.


Ich bin eines von sieben Geschwistern. Eine große Familie. Außen trubelig, innen oft sprachlos. Der Tod meines Bruders, eines jungen Piloten in der Erfüllung seines Lebenstraumes, war ein Einschnitt, den niemand aussprach.

Er fiel – und wir funktionierten weiter. Ohne Aufarbeitung. Ohne echte Trauer.


Wir wurden früh zu Helfenden, zu Verantwortlichen.

Zu Kindern mit viel zu großen Aufgaben.


Mein Vater starb mit 61, viel zu früh, mitten im Leben, plötzlich nicht mehr da...

Auch sein Abschied war ein stilles Chaos. Nichts war geklärt.

Kein Raum für Fragen. Kein Platz für Abschied.

Ich war 24, und seine letzten Worte an mich waren: „Kümmer dich um die Dinge.“


Aber welche Dinge? Und wie?


Ich habe versucht, seine letzten Worte in das Unausgesprochene zu bringen.

Ich habe angesprochen, was weh tat. Ich wurde nicht gehört.

Ich habe gesehen, was kommen würde – … und wurde belächelt. Klein gemacht. Ausgegrenzt. Nicht, weil ich nichts wusste – sondern weil ich es wagte, hinzuschauen.


Dann wurde meine Mutter älter. Brauchte mehr Unterstützung.

Und wieder war ich bereit.

Mit Fachwissen, mit Herz, mit Klarheit, als eines Ihrer erwachsenen Kinder.

Es war kaum möglich ihr problemlos zu helfen. Familiäre Verstrickungen haben vieles erschwert. Ich wurde draußen gehalten, ausgegrenzt. Selbst ihren letzten Weg durfte ich nicht begleiten. Doch musste ich erfahren und "draußen" miterleben, wie sie durch ein letztes Delir ging – … und durch einen schlimmen Weg, der vermeidbar gewesen wäre.


Heute ist sie nicht mehr da. Und das Chaos ist geblieben. Streit, Unklarheit, Verletzungen. Ein Familiensystem, das auseinanderfällt, weil zu lange geschwiegen wurde, weil nichts geklärt wurde.


Was ich heute mit den Zenioren tue, ist deshalb nicht Theorie.

Es ist Herzensarbeit. Es ist Wissen aus Erfahrung.

Es ist der Versuch, andere davor zu bewahren, was ich erlebt habe und erlebe.

Es ist meine eigene Heilung in Handlung übersetzt.


Ich weiß, wie weh es tut, zu sehen, was schiefläuft – und nichts tun zu dürfen.

Ich weiß, wie Ohnmacht sich anfühlt, wenn Herz und Verstand bereit wären.

Und ich weiß, wie wichtig es ist, sich vorzubereiten, zu sprechen, zu klären – bevor es zu spät ist.


Wenn ich mit Menschen arbeite, tue ich das aus einem tiefen Ort.

Nicht, weil ich alles weiß – sondern weil ich so vieles fühle.

Weil ich verstehe, was unausgesprochen bleibt.

Und weil ich glaube, dass es möglich ist, Dinge anders zu machen.


Mit Herz. Mit Klarheit. Mit dem Wissen, dass Helfen keine Aufopferung sein muss.

Sondern eine Wahl – aus Liebe, und mit Grenzen.


Was mich heute trägt – ist nicht nur, was ich erlebt habe. Sondern was ich daraus gemacht habe.


Seit knapp 20 Jahren begleite ich Familien, Einzelne, Töchter, Söhne, Partner:innen.


Ich sehe, was entstehen kann, wenn nicht gesprochen wird.


Ich sehe, wie Menschen leiden, weil niemand vorher den Mut hatte, das Unbequeme auszusprechen.


Ich sehe, wie oft Pflege, Entscheidungen, Verabschiedung – und sogar der Tod – zu Chaos werden, wenn wir hoffen, dass „es sich schon irgendwie ergibt.“



Und ich sehe, was passiert, wenn man vorbereitet ist.

Ich habe erlebt, wie Ruhe einkehrt, wenn Klarheit da ist.

Wie Liebe ihren Platz findet, wenn Rollen geklärt und Wünsche ausgesprochen sind.

Wie Abschiede leichter werden, wenn sie nicht aufgeschoben, sondern vorbereitet wurden.

Diese Arbeit ist mein Weg geworden.

Nicht, um zu belehren. Sondern um zu begleiten. Nicht, um laut zu sein.

Sondern um Halt zu geben.

Die Zenioren sind mein Beitrag für eine andere Form des Alterns, des Begleitens,

des Abschiednehmens.


Und vielleicht… auch ein Stück Versöhnung mit dem, was ich selbst nicht ändern konnte...


Das sind die Zenioren. Das bin ich. Und das ist meine Geschichte.

Comments


bottom of page